Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren

[BRAK] Der Bundesrat hat am 15.10.10 zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (BR-Drucks. 540/10) eine Stellungnahme beschlossen (BR-Drucks. 540/10 [Beschluss]). Der Regierungsentwurf, der eine Reaktion auf die Rechtsprechung des EGMR ist, sieht vor, dass Verfahrensbeteiligte eine Entschädigung erhalten kann, wenn er zuvor bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die BRAK favorisiert in der BRAK-Stellungnahme-Nr. 11/2010 zum Referentenentwurf ein Kombinationsmodell, bei dem die Verzögerungsrüge durch eine „Untätigkeitsbeschwerde“ unter Beibehaltung eines Anspruchs auf Entschädigung ersetzt wird.

Der Bundesrat fordert in seiner Stellungnahme u. a. Folgendes:

  • Überprüfung, ob die Einbeziehung von Ermittlungs- und Strafverfahren in den Anwendungsbereich des beabsichtigten Gesetzes notwendig ist.
  • Statt der vorgesehenen umfassenden Entschädigung nach §§ 249 ff. BGB sollte ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung gewährt werden.
  • Eine Ergänzung, um die Besonderheiten der Verfahrensordnungen der Fachgerichtsbarkeiten unmittelbar zu verankern.
  • Absehen von der geplanten Beweislastumkehr, § 198 Abs. 2 S. 1, 2 GVG-E.
  • Überprüfung, ob klarstellend in den Gesetzeswortlaut aufgenommen werden sollte, dass es grundsätzlich unschädlich ist, wenn die Verzögerungsrüge nach dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG-E genannten Zeitpunkt eingelegt wird.
  • Ergänzung, dass die Entschädigungsklage erst nach Abschluss des zugrunde liegenden Verfahrens möglich sein soll.
  • Eröffnung der Möglichkeit einer Zurückweisung durch Beschluss.
  • Überprüfung, ob die Neuregelungen hinreichende Bestimmungen zur Zuständigkeit der AGH für Entschädigungsklagen wegen überlanger Gerichtsverfahren bei den Anwaltsgerichten und AGH und das hier anzuwendende Verfahrensrecht enthielten, ob auch für diese Verfahren Gerichtskosten erhoben sollten, und ob die vorgesehene Entschädigungsregelung auf sämtliche Verfahren der Anwaltsgerichtsbarkeit erstreckt werden soll.
  • Klarstellungen in ArbGG, SGB, VwGO und FGG, weil nicht hinreichend deutlich werde, dass die Entscheidung über Entschädigungsansprüche wegen unangemessener Verfahrensverzögerung ausweislich der Begründung des Entwurfs bei der jeweiligen betroffenen Gerichtsbarkeit liegen solle.
  • Beschränkung auf das zur Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG und des EGMR zwingend Erforderliche (Keine unnötige Mehrbelastung der Länderhaushalte).