Keine Weitergabe von beA-Karte und PIN an Kanzleivertreter!

Im Papierzeitalter war es gebräuchlich, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die an der Unterzeichnung eines Schriftsatzes verhindert waren (z. B. wegen eines auswärtigen Termins, Urlaubs oder Krankheit), diese Aufagbe einem ihrer Kanzleikollegen überließen. Diese Handhabung ist im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs so ohne weiteres nicht mehr möglich, wie das Arbeitsgericht Lübeck (Az. 6 Ca 679/19) in einem richterlichen Hinweis vom 19.06.2019 klargestellt hat.

Im zugrundliegenden Fall wurde der Schriftsatz über das beA-Postfach des vertretenen Rechtsanwalts A mittels dessen beA-Profil – also mit dessen Karte und PIN – ohne qualifizierte elektronische Signatur von der ihn vertretenden Rechtsanwältin B übersandt, was das Gericht aus zwei Gründen für unwirksam hielt:

  • Zwischen dem Übersender (Postfachinhaber) und der als verantwortliche Person durch die einfache Signatur ausgewiesenen Vertreterin bestand keine Identität, weshalb die prozessuale Form nicht gewahrt wurde.
  • Eine Weitergabe der persönlichen beA-Karte samt PIN an eine andere Person ist unzulässig, was die Unwirksamkeit des gerichtlichen Eingangs zur Folge hat. Denn das Recht, nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente über beA zu versenden, kann nicht auf Dritte übertragen werden. Zudem ist die dem Zertifikat zugehörige PIN geheim zu halten (§ 26 Abs. 1 RAVPV).

Ob sich diese Rechtsauffassung bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Allen Kolleginnen und Kollegen kann aber nur empfohlen werden, das Verbot der Weitergabe von beA-Karte und PIN ernst zu nehmen und im Verhinderungsfalle wie folgt zu verfahren:

  • Entweder der Schriftsatz wird vom Vertreter – mit seinem Namen – einfach signiert und – mit seiner beA-Karte – aus seinem Postfach versandt.
  • Oder der Schriftsatz wird vom Vertreter qualifiziert elektronisch signiert und von ihm – mit seiner beA-Karte und PIN und mit dem entsprechenden Recht ausgestattet – aus dem Postfach des Vertretenen versandt (wie bei einem Versand durch einen Kanzleimitarbeiter mit eigener Mitarbeiterkarte).
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