Die Rechtsanwaltskammer München hat einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsprozess gegen einen Kollegen geführt, der sich im Geschäftsverkehr als „Spezialist für Erbrecht“ bezeichnete. Hier erhalten Sie zur Kenntnisnahme das vollständige Urteil des Landgerichts München I vom 09.02.2010 (33 O 427/09). Es ist nicht rechtskräftig, mit einer Berufung ist zu rechnen. In der Begründung führt das Gericht aus, dass es sich nicht dem obiter dictum des BVerfG im Spezialistenbeschluss (BVerfG NJW 2004, 2656) anschließt, wonach dem kundigen Rechtsuchenden zuzutrauen sei, die im Gesetz gewählten Begriffe – Schwerpunkt oder Fachanwalt – nicht mit anderen, wie etwa dem Spezialistenbegriff, gleichzusetzen. Der angesprochene Verkehr kennt die Voraussetzungen für den Fachanwaltstitel im Einzelnen nicht und kann deshalb auch nicht mit hinreichender Sicherheit zwischen dem Titel „Fachanwalt für Erbrecht“ und der selbsternannten Bezeichnung „Spezialist für Erbrecht“ unterscheiden, zumal zwischen beiden Bezeichnungen im Gesamteindruck eine große sprachliche Nähe besteht. Bei Abwägung der schützenswerten Belange ist dem Beklagten zuzumuten, auf andere Begrifflichkeiten wie „ist im Erbrecht spezialisiert“ oder „Spezialisierung im Erbrecht“ auszuweichen.
Das Urteil bejaht im Ergebnis eine Verwechslungsfähigkeit der Bezeichnungen „Spezialist“ und „Fachanwalt“ gem. § 7 Abs. 2 BORA für Rechtsgebiete, die mit einer Fachanwaltschaft belegt sind. Der entschiedene Fall zum Fachanwaltsgebiet „Erbrecht“ kann insoweit als Präjudiz gelten, dass jedenfalls identische Rechtsgebietsbezeichnungen, vorliegend „Erbrecht“, gesperrt sind. Eine Aussage, ob das Verbot der Spezialistenbezeichnung auch Teilrechtsgebiete aus Fachanwaltsgebieten erfasst, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen.